2.2.1 Regelgebühren


Bei der gerichtlichen Tätigkeit in zivilrechtlichen Streitigkeiten fallen als Regelgebühren

- die Prozess-,

- die Verhandlungs- und

- die Beweisgebühr

an.

Da die BRAGO stark an einer prozessualen Tätigkeit des Anwalts orientiert ist, kennt sie als grundlegenden, zunächst erfüllten Gebührentatbestand die 10/10-Prozessgebühr gem. § 31 Nr. 1 BRAGO. Die Gebühr setzt, entgegen ihrem Wortlaut, kein Verfahren voraus, sondern lediglich die Tätigkeit im Hinblick auf ein solches Verfahren, auch wenn es letztlich nicht dazu kommt. Diese Gebühr fällt mit dem ersten Tätigwerden des Anwalts, der Informationen des Mandanten, an und soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers als „Betriebsgebühr“ pauschalisierend Tätigkeiten wie Einholung von Informationen, Beratung des Mandanten, Anfertigung von Schriftsätzen und Prozessführung abgelten. Ob die Tätigkeit des Rechtsanwalts tatsächlich zu einem Prozess führt, spielt nur im Hinblick auf die Regelung des § 32 IV BRAGO eine Rolle, nach der die grundsätzlich entstandene Prozessgebühr halbiert wird, wenn sich der Auftrag erledigt, bevor die –möglicherweise schon ausgearbeitete- Klage oder ein verfahrenseinleitender Antrag bei Gericht eingereicht worden ist.

Ein weiterer Gebührentatbestand ist mit der Wahrnehmung eines Termins erfüllt: Die sogenannte 10/10-Verhandlungsgebühr gem. § 31 I Nr. 2 BRAGO fällt nicht im Wortsinne mit einem rechtlichen Diskurs im Gerichtssaal an, sondern mit dem Stellen von Anträgen durch die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung.

Eine weitere Gebühr ist die Beweisgebühr gem. § 31 I Nr. 3 BRAGO. Zu ihrem Anfall ist es erforderlich, dass ein Beweisaufnahmeverfahren stattfindet und der Anwalt in ihm Parteivertreter ist. Welcher Verfahrensteil jedoch, wenn kein Strengbeweis geführt wird, als Beweisaufnahme zu qualifizieren ist, macht bisweilen Schwierigkeiten, so etwa, wenn eine formale Beweiserhebung stattfindet.

Eine weitere in § 31 BRAGO vorgesehene Gebühr ist die Erörterungsgebühr des § 31 I Nr. 4 BRAGO. Diese wurde nachträglich den drei vorerwähnten Tatbeständen der Nummern 1 bis 3, hinzugefügt. Mit der Erörterungsgebühr wird dem Umstand Rechnung getragen, dass bisweilen im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung bereits vor Stellung etwaiger Sachanträge das Gericht eine Einschätzung zur rechtlichen Lage mitteilt („Erörterung“), auf Grund derer dann die Parteien vielfach unmittelbar auf eine vergleichsweise Regelung der anhängigen Ansprüche hin verhandeln. Als Kompensation dafür, dass es als Ergebnis dieser Erörterung oftmals nicht mehr zur Stellung von Sachanträgen und zu einer Beweisaufnahme –und dem Anfall der entsprechenden Gebühr kommt-, sieht die BRAGO seit 1975 daher eine 10/10 Gebühr für die Teilnahme an einer solchen Erörterung im Termin über einen rechtshängigen Anspruch vor.

In der Berufungs- und Revisionsinstanz können die vorstehenden Gebühren erneut anfallen, erhöhen sich sodann jedoch um 3/10 auf 13/10, vor dem Bundesgerichtshof (BGH), soweit ein dort zugelassener Anwalt auftritt, sogar um 10/10 auf 20/10 gem. § 11 I BRAGO.

Während die Gebühren des § 31 BRAGO als Gebühren für ein bloßes Tätigwerden des Anwalts zu qualifizieren sind, kennt die BRAGO weitere Gebührentatbestände, die ausnahmsweise an einen bestimmten Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit anknüpfen. Das Gesetz kennt als solche „Erfolgsgebühren“ vor allem die Vergleichsgebühr des § 23 BRAGO, die für die Mitwirkung des Rechtsanwalts an einem Vergleich im Sinne des § 779 BGB gewährt wird.

Rechtspolitischer Hintergrund der Vergleichsgebühr, die –soweit es sich um einen gerichtlichen Vergleich handelt- stets neben der Betriebsgebühr des § 31 I Nr 1 BRAGO anfällt, ist das Bestreben, den Rechtsanwalt dafür zu belohnen, dass er die gerichtliche Auseinandersetzung über einen Anspruch verhindert. Aus diesem Grund beträgt der Gebührensatz beim außergerichtlichen Vergleich 15/10. Beim gerichtlichen Vergleich beträgt die „Belohnung“ noch eine 10/10-Vergleichsgebühr, die ggfls. zusätzlich zur Beweis- oder Verhandlungsgebühr gewährt wird.

In Ehesachen ist Gegenstück des dort unanwendbaren § 23 BRAGO der § 36 II BRAGO, die sogenannte Aussöhnungsgebühr, die anfällt, wenn der Rechtsanwalt an der Aussöhnung der Eheleute beteiligt ist und so ein Scheidungsverfahren verhindert wird.

Kommt es zu einem gerichtlichen Verfahren, fallen zusätzlich Gerichtskosten an, die die Gerichte für ihr Tätigwerden beanspruchen und deren Erhebung vorrangig im Gerichtskostengesetz (GKG) geregelt ist. Gerichtskosten sind öffentliche Abgaben für die Tätigkeit der Gerichte, der Sache nach handelt es sich also um eine Justizsteuer.

 

 


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